Zur Methode

Moshé Feldenkrais (1904-1984) gilt vielen Menschen als eine der wichtigsten Forscher- und Lehrerpersönlichkeiten des letzten Jahrhunderts. Mit 14 Jahren verlässt er seine jüdische Familie, sein kleines Schtetl in der Ukraine um allein die Reise nach Palästina anzutreten. Auf der Reise schließen sich ihm an die 200 Menschen an. Er arbeitete stolz und eigendidaktisch als Bauarbeiter am Aufbau in Tel Aviv, holte sein Abitur nach und ging nach Paris um dort weiter zu lernen.

Moshé Feldenkrais

In Paris wird er zunächst Ingenieur, studiert dafür Mechanik und Elektrotechnik, nimmt anschließend noch ein Physikstudium auf und arbeitet von 1933 bis 1940 als Nukleartechniker im Labor von Frederic Joliot und Irene Joliot-Curie (Nobelpreis 1935 für Chemie). Seine Leidenschaft für die innere Mechanik der Dinge, vor allem aber die menschliche Bewegung, führt ihn zum Judo-Begründer und Meister Professor Iagoro Kano. Ihm zeigt er die Verteidigungskörpertechnik die er selber in Tel Aviv entwickelt und unterrichtet hatte. Kano nimmt ihn begeistert in die Lehre, und Feldenkrais  gründet den ersten Judo-Club Frankreichs. Er erlangt 1936 als einer der ersten Europäer den ‚Schwarzen Gürtel‘.

Wirksame Verteidigung als Thema beschäftigt ihn auch als Physiker, wo er unter dem Forscher Paul Langevin sein Wissen und seine Arbeit für den Anti-U-Bootkrieg gegen Hitlerdeutschland einsetzt. Als die Deutschen im Juni 1940 Paris erreichen flieht Feldenkrais mit wertvollen Geheimpapieren nach England und später weiter nach Schottland, wo er im Dienst der Briten weiter im Anti U-Bootkrieg forscht. Sein mit einer außergewöhnlichen Beobachtungsgabe gepaarter Verstand, sein unermüdlicher Forscherdrang, sein schier unstillbares Interesse an „den Dingen des Lebens“, sowie nicht zuletzt die erfolgreiche, forschende Eigenbehandlung seiner schweren Knieverletzungen bringen schließlich den promovierten Physiker dazu, seine Aufmerksamkeit immer mehr der menschlichen Fähigkeit zum Lernen zu widmen.

Er entwickelt eine neue Art des Selbstgebrauchs, eine Methode der Potentialentfaltung, die sich heute in den neurologischen Erkenntnissen der Hirnforschung als äußerst sinnvoll erweist.

Die Feldenkrais-Methode ist geboren.

Über vierzig Jahre lang erforschte er das Zusammenspiel zwischen bewußtheitlicher Entwicklung und Bewegung. Die von ihm entwickelten über 1000 Bewegungslektionen (Bewußtheit durch Bewegung), die heute weltweit von ausgebildeten Feldenkraislehrern unterrichtet werden, zeigen nicht nur die erstaunlichen Bewegungsmöglichkeiten des menschlichen Körpers, sondern besonders auch die Potenz des Nervensystems zur Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten und damit seiner Wahlmöglichkeiten (Organisches Lernen) Seine Erkenntnisse legte er in zahlreichen Büchern nieder.

Die Möglichkeit der Wahl, eine fast zwangsläufige Folge der Entwicklung von Bewußtheit durch Organisches Lernen, stand für Feldenkrais im Zentrum seiner Arbeit. Die Tatsache, daß er nicht die Welt verbessern, sondern versuchen wollte, jedem Menschen seine Würde und ureigenste Qualität wieder an die Hand zu geben, zeugt von seiner tiefen Humanität.